Interview
mit Martin Schitto, Betreiber der Apfelwein Galerie
Apfelwein und Fotos sind eine ungewöhnliche Kombination, wie kam es zu deinem Konzept?
In meinen Jahren als Werber habe ich eine große Leidenschaft für Fotografie entwickelt. Nachdem ich eine Zeitlang nach der perfekten Location für eine kleine Galerie gesucht habe, bin ich auf die Kleinmarkthalle gestoßen, eine echte Institution in Frankfurt. Um dort einen Laden eröffnen zu dürfen, muss man Essen oder Getränke anbieten. Als ich gemerkt habe, dass in der Kleinmarkthalle kein Apfelwein angeboten wurde – das hessische Nationalgetränk –, erschien mir die Kombi total naheliegend: Apfelwein meets Streetphoto.
Mein Plan war außerdem, dass die Kunden auf dem schönen Platz vor der Halle ihren Apfelwein trinken und dadurch auf meine Ausstellung aufmerksam werden, denn die Galerie befindet sich direkt am Eingang der Kleinmarkthalle. Vor Corona standen samstags auf dem Platz locker 500 bis 1000 Leute herum.
Welche Apfelweine bietest du an?
Ursprünglich wollte ich nur den „Blauen Bock“ verkaufen, habe aber schnell gemerkt, dass sich die Kunden eine gewisse Auswahl wünschen. Daher biete ich nun insgesamt achtzehn verschiedene Sorten an, das kommt gut an. Eigentlich gibt es eine Gastronomen-Regel: „Apfelwein wird erst ab 24 Grad getrunken“. Ich muss aber sagen, dass der Apfelwein sich zwischen den Lockdowns auch bei kühlerem Wetter gut verkauft hat. Was alle Apfelweine vereint, die ich anbiete: Sie sind ausschließlich in 0,33 Liter-Flaschen erhältlich und ausschließlich in Glas abgefüllt. Plastik kommt mir nicht ins Haus. Hierdurch musste ich schon ein paar Abstriche machen bei Apfelweinen, die sehr gut und lecker sind, aber von den Herstellern bisher nur in Plastikgefäßen angeboten werden.
Welche Fotos zeigst du in deiner Galerie?
Ich zeige in kleinen, kuratierten Ausstellungen ganz unterschiedliche Künstler, aber die Fotos stehen immer in Bezug zum Ort, an dem sie gezeigt werden: Ein weit gefasster Blick auf die Stadt Frankfurt und ihr Umland. Grundsätzlich sind alle Fotografien in allen Formaten erhältlich, ich habe allerdings festgestellt, dass Kunden am liebsten das Format kaufen, das sie sehen; am besten mit derselben Rahmung. Das ist insofern lustig, als dass ich passend zur 50er-Jahre-Architektur meines Ladens goldene Messingrahmen habe anfertigen lassen – diese Rahmen wollen nun viele Kunden kaufen.
Was ist durch Corona anders gelaufen als vorher geplant?
Eigentlich ist alles anders gelaufen als geplant – die Pandemie fiel ja zeitlich mit der Galerieeröffnung zusammen. Deswegen habe ich mich schon sehr früh um Hygienekonzepte gekümmert, und zunächst gedacht, dass die Galerie durch den Apfelwein und den Standort in der Kleinmarkthalle als Lebensmittelladen eingestuft wird. Dem war leider nicht so, also musste ich letztlich doch schließen. Auch Click & Collect habe ich frühzeitig eingerichtet. Aber der Kauf von Kunst ist eine emotionale Entscheidung, das lässt man sich nicht einfach an der Tür zur Abholung überreichen. Sowohl der Apfelwein als auch die Fotos sind ganz klar ein stationäres Business.
Wie hast du diese Herausforderung gelöst?
Schon vor Corona hatte ich den Aufbau eines ordentlichen Online-Shops geplant, aber bin das erst durch die Lockdowns ernsthaft angegangen. Inzwischen ist das Set-up des Shops komplett neu organisiert und ich habe sogar eine virtuelle Galerie aufgebaut, die die physische Galerie spiegelt und in der man sich 3D-mäßig durchklicken kann. Von daher hatte Corona auch etwas Gutes: Ich habe mich mit Themen beschäftigt, die ich sonst vielleicht vor mir hergeschoben hätte. Außerdem habe ich mir stationäre Konzepte ausgedacht, wie man die Schließung ein bisschen abfedern kann, zum Beispiel digitale Bilderrahmen im Schaufenster, in denen die Kunstwerke rotieren, inklusive ansprechender Headlines und QR-Codes.
Wie bezahlen deine Kunden? Wird Kunst mit Karte und Apfelwein bar bezahlt?
Durch die Einschränkungen der Corona-Pandemie ist das für mich noch schwer zu sagen, aber als die Galerie geöffnet hatte, habe ich festgestellt, dass man die Grenze weniger nach Produktarten, sondern eher nach Altersgruppen ziehen kann. Leute, die jünger als vierzig Jahre alt sind, haben fast immer den Reflex, alles mit Karte zu zahlen. Auch 3,50 Euro für eine Postkarte. Ich persönlich findet beides gut und biete meinen Kunden alle Zahlungsmöglichkeiten. Digital kostet mich ein bisschen Geld, Bargeld auch. Grundsätzlich habe ich den Eindruck, dass Kunden mit Karte leichter und lieber zahlen, als wenn eine größere Summe aus ihrem Geldbeutel verschwindet.
Abgesehen vom Apfelwein in Glasflaschen – was unternimmst du sonst im Bereich Nachhaltigkeit?
Mein Geschäftskonzept ist per se nachhaltig: Wer Kunst erwirbt, entsorgt sie im Regelfall nicht nach zwei Monaten. Abgesehen davon habe ich viel Mühe und Zeit darauf verwendet, den Laden vor der Eröffnung nachhaltig zu sanieren: Wir haben sorgsam die alte Bausubstanz freigelegt und restauriert, anstatt einfach etwas Neues draufzubauen. Alles in allem möchte ich so nachhaltig wie möglich agieren, da muss man sich selbst klare Regeln geben und diese dann auch einhalten.